Es ist so aufregend. Ein Welpe zieht ein. Von Anfang an möchte man alles richtig machen. Möchte die niedliche Flauschkugel richtig erziehen und ein gutes und richtiges Fundament für das weitere Leben legen. Doch worauf kommt es in der Welpenerziehung eigentlich an? Worauf solltest du achten und was solltest du vermeiden? Inwieweit unterscheiden sich Welpen vom Züchter von Welpen aus dem Auslandstierschutz? Wie gelingt Sozialisation, Stubenreinheit und Beißhemmung? Das alles erfährst du in diesem Beitrag über die Welpenerziehung.
Welpen vom Züchter
Welpen vom Züchter dürfen nach der Deutschen Tierschutzhundeverordnung frühestens mit acht Wochen in ihr neues zu Hause ziehen. Zu dem Zeitpunkt wirst du deinen Welpen schon einige Male besucht haben und ausführliche Gespräche mit Züchter*innen geführt haben. Du wirst aktiv in den Aufwachs- und Adoptionsprozess einbezogen und hast immer die Möglichkeit Fragen zu stellen. Gute Züchter*innen legen außerdem Wert darauf, dass die Welpen getrennt voneinander fressen, dass sie Zugang nach draußen haben und dass sie in ihrer Aufwachszeit bereits sanft mit verschiedensten Reizen bekannt gemacht wurden.
Solltest du einige dieser Punkte nicht erfüllt sehen, tu dir einen Gefallen und adoptiere den Welpen nicht. Auch nicht, wenn er dir Leid tut. Illegaler Welpenhandel ist ein extrem lukratives und gewaltvolles Geschäft. Die Tiere sind häufig schwer krank, zu früh von der Mutter getrennt und mit gefälschten Papieren in Deutschland. Keine*r hat etwas davon, wenn du dieses System aus Druck oder Mittleid unterstützt. Melde Verdachtsfälle beim Veterinäramt und lass die Profis dem Ganzen auf den Grund gehen. Illegalen Welpenhandel erkennst du vor allem daran, dass die Übergabe schnell geschehen soll, dass du das Muttertier nicht siehst und dass die Übergabe außer Haus stattfindet. Meistens aus dem Auto heraus.
Welpen aus dem Auslandstierschutz
Kommt der Welpe hingegen aus dem Auslandstierschutz, sieht seine Welpenzeit komplett anders aus. Diese Welpen kommen frühestens im Alter von sechzehn Wochen nach Deutschland. Im neuen zu Hause kommen sie also einige Wochen später an als Welpen vom Züchter. Wenn du Glück hast, ist dein Tierschutzwelpe auf einer Pflegestelle aufgewachsen und konnte sich dort relativ frei bewegen. Wenn du Pech hast, hat er seine ersten Lebenswochen ohne Mama in einem lauten Shelter verbracht und hat gerade das erhalten, was er zum Leben braucht. Tierschutzwelpen werden nach bestem Wissen und Gewissen versorgt. Und Tierschutzvereine können bei der Masse an Hunden unmöglich das leisten, was Züchter*innen leisten können. Daher solltest du immer im Hinterkopf haben, dass der Welpe aus dem Auslandtierschutz unter komplett anderen Bedingungen bei dir ankommt, als der Welpe vom Züchter.
Der Einzug
Egal, ob der Welpe vom Züchter kommt oder aus dem Auslandstierschutz, der Umzug in das neue zu Hause ist in der Regel für alle Welpen schlimm bis traumatisch. Sie verlieren ihre Geschwister, ihre Mama und ihre Bezugsperson, die sie bis dahin gepflegt hat. Dann kommen sie an einen komplett neuen Ort mit komplett neuen Gerüchen, Geräuschen und neuen Menschen. Daher ist die ersten Tage erst einmal Ankommen angesagt. Gib deinem Welpen in aller Ruhe Zeit, die Umgebung zu erkunden und sich in seinem neuen zu Hause zurechtzufinden. Lass ihn erst einmal in Ruhe und überschütte ihn nicht direkt mit Interaktion und Anfassen. Der Welpe wird zu dir kommen, wenn er das möchte. Bei Tierschutzhunden kann die Eingewöhnungszeit etwas länger dauern, da sie zusätzlich zum Umzug auch eine enorm lange Fahrt mit vielen anderen Hunden hinter sich haben und eventuell auch bislang kein anderes Leben als das Leben im Shelter kennen. Sie müssen erst lernen, dass ihre neue Umgebung Sicherheit bedeutet.
Stubenreinheit
Je kleiner der Hund, umso schwieriger ist es, ihm die Stubenreinheit beizubringen. Das liegt daran, dass kleine Hunde auf derselben Fläche viel mehr Schritte zurücklegen. Stubenreinheit bedeutet, dass der Hund lernt, sein Geschäft einzubehalten, bis ihr aus dem Haus seid. Welpen vom Züchter sind dazu physiologisch noch gar nicht in der Lage. Daher brauchst du in den ersten Wochen und Monaten vor allem gute Ausdauer und Geduld. Wie schnell der Welpe die Stubenreinheit lernt, hängt vor allem davon ab, wie sicher er sich draußen fühlt und wie diszipliniert du dich ans Stubenreinheitsprogramm hältst.
Das bedeutet Folgendes: Gehe mit dem Hund an seine Lösestelle, wenn…
1. dein Welpe gerade aufgewacht ist.
2. dein Welpe gerade gespielt hat.
3. dein Welpe gerade gefressen oder getrunken hat.
4. eine Zeitspanne zwischen ein bis zwei Stunden vergangen ist.
5. dein Welpe unruhig wird
Umgang mit Missgeschicken
Sollte es zu einem Missgeschick in der Wohnung kommen, gest du folgendermaßen vor:
1. Entferne das Missgeschick kommentalos und reinige die Stelle mit Essigreiniger
2. Gehe mit deinem Hund an seine Lösestelle
3. Merke dir, in welcher Situation das Missgeschick passiert ist.
Jetzt fragst du dich vielleicht, ob du deinen Welpen nicht bestrafen solltest, wenn ein Missgeschick passiert. In der Welpenerziehung ist es kontraproduktiv, wenn du ihn für etwas bestrafst, das er nicht kontrollieren kann. Das wird die Folge haben, dass dein Welpe Orte aufsucht, an denen er ungestört ist. Das sind vor allem ruhige Ecken oder Orte, an denen du nicht hinkommst. Es wird auch dazu führen, dass dein Welpe weniger klar kommuniziert, wenn er raus muss. Alles Dinge, die wir so nicht möchten. Wir möchten, dass unser Welpe sich meldet und wir wollen, dass wenn ein Missgeschick passiert, dass unser Welpe keine Angst vor uns entwickelt.
Beim Tierschutzwelpen kann die Stubenreinheit auch einige Wochen dauern, obwohl diese beim Einzug älter sind. Das liegt daran, dass Tierschutzwelpen häufig nur den Raum ihres Shelters kennen und es nicht kennen, zum Lösen rauszugehen. Hunde wollen an sich ihren sicheren Raum nicht verunreinigen. Wenn sie es tun, dann niemals absichtlich oder aus trotz. Die Hunde haben es einfach noch nicht anders gelernt. Und es ist unsere Aufgabe, unseren Hunden beizubringen, was wir von ihnen möchten.
Beißhemmung
An sich lernen Hunde die Beißhemmung in der Interaktion mit anderen Hunden. Welpen vom Züchter lernen vor allem aus der Interaktion mit ihren Geschwistern. Bei Welpen aus dem Tierschutz hängt das vor allem von ihren Aufwachsbedingungen ab. Welpen sind anatomisch noch nicht in der Lage, ihre Beißkraft zu kontrollieren. Das müssen sie nach und nach erlernen. Die menschliche Haut ist dabei besonders empfindlich und Welpenzähne können richtig doll weh tun. Für dich ist wichtig zu wissen, dass die Zähnchen vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn die Erregung sehr hoch ist oder wenn der Welpe überfordert ist.
Daher haben Welpen aus dem Tierschutz zunächst eine sehr schlechte Beißhemmung, weil die neue Situation enorm Überfordernd ist. Durch Kauen und Beißen wird Stress abgebaut. Zwickt dich dein Welpe, hat das also nichts mit dir zu tun, sondern mit der inneren Verfasstheit deines Welpen. Nimm dies als Information, dass irgendwas etwas zu viel war und dass ihr die Welpenerziehung etwas ruhiger angeht und häufiger Pausen macht.
Das Kaubedürfnis
Möchtest du nicht, dass Möbel angekaut werden, arbeit mit alternativen Kauartikeln wie Kauhölzern und Kauartikeln und sorge dafür, dass dein Welpe an die Möbel nicht ran kommt, die er nicht kaputt machen soll. Immer, wenn dein Welpe etwas kaputt macht, was dir wichtig ist, hast du nicht gut genug aufgeräumt oder gemanaged. Management ist in der Welpenerziehung aber enorm wichtig, weil es Energie spart und zulässt, dass wir nicht immer 100% aufpassen.
Übe die Ineraktion der Zähnchen mit deiner Haut, indem du Leberwust oder etwas Ähnliches auf deine Haut streichst und deinen Welpen diese ablecken lässt. So lernt er, seine Zunge und nicht seine Zähnchen einzusetzen. Lass ein Spiel ruhig ausklingen, wenn du merkst, dass die Erregung zu hoch wird und gib deinem Welpen eine Alternative wie eine Lickimat oder streue Futter, um ihn dabei zu helfen, sich runterzuregulieren. Du brauchst nicht laut Nein rufen oder zu Quitschen. Sei stets fair mit deinem Welpen, es handelt sich um ein Baby. Übrigens: Im Altern von ca. einem Jahr nimmt das Kaubedürfnis deutlich ab. Also keine Sorge, dass das für immer so bleibt, wenn du einen Hund mit hohem Kaubedürfnis hast.
Sozialisation in der Welpenerziehung
Sozialisation bedeutet, dass der Hund lernt, mit seiner lebenden Umwelt zu interagieren. Das geschieht besonders intensiv in der sensiblen Phase (ca. 3. Lebenswoche bis 4. Lebensmonat). Das bedeutet nicht, dass der Umgang mit der lebenden Umwelt später nicht mehr erlernt werden kann. Der Hund lernt stetig Neues über diesen Umgang. In der sensiblen Phase ist das Lernen nur besonders intensiv.
Jetzt ist es üblich, dass Welpen in eine Welpenspielgruppe gebracht werden und dann lässt man sie machen. Dabei lernen sie aber nicht zwingend, wie sie mit ihrer lebenden Umwelt korrekt umgehen. Im Gegenteil: Sie lernen vor allem, dass andere Hunde immer Kontakt und Spiel bedeutet. Das kann in der späteren Entwicklungen zu echten Verhaltensproblemen führen, weil Kontakt unter Hunden oft auch nicht erwünscht ist. Das bedeutet, dass der Hund vor allem auch lernen muss, dass Kontakt auch ruhige Interaktionen beinhaltet, wie gemeinsames Schnüffeln, Laufen oder Pause machen. Die sanfte Annäherung gehört zum Lernen dazu. So dass der Welpe von Anfang an lernt, wie Kontakt an der Leine funktioniert, wie kurze Kontakte stattfinden oder eben, wie gar keine Kontakte stattfinden.
Zur Sozialisation gehören auch Menschen und Tiere. Auch hier bedeutet Sozialisation nicht, dass wir den Hund mit Menschen und Tieren fluten und ihn zur Sozialisation in die Stadt schleppen. Sozialisation bedeutet, dass der Hund lernt, wie Interaktion mit Mensch und Tier funktioniert, was er tun kann, wenn er sich nicht wohl fühlt und wie er seinem Menschen kommuniziert, dass er Unterstützung braucht.
Du merkst also, dass Sozialisation weit mehr bedeutet, als den Hund einfach allen möglichen Situationen ausuzusetzen. Es ist wichtig, einen Plan und eine Idee davon zu haben und penibel darauf zu achten, den Welpen nicht zu überfordern. Die richtige Balance zwischen Erholung und Förderung ist enorm wichtig. Und das ist von Welpe zu Welpe verschieden, je nach dem, wie er aufgewachsen ist und wie gut seine Kinderstube war. Wichtig ist ein kleinschrittiges und systematisches Training und Förderung der stärken des Welpen.
Habituation in der Welpenerziehung
Habituation bedeutet Gewöhnung. Wir Menschen stellen uns vor, dass Gewöhnung einfach passiert, wenn der Hund oft genug merkt, dass es gar nicht so schlimm sei. So funktioniert Gewöhnung allerdings nicht. Gewöhnung bedeutet, dass ein neutraler Reiz seine Bedeutung verliert und das Hundegehirn ihn weder positiv noch negativ einordnet. Der Reiz ist dann einfach da. Gewöhnung ist sehr wichtig, weil es enorm viel Energie kosten würde, auf jeden Reiz intensiv zu reagieren.
Habituation in der Welpenerziehung ist ebenfalls in der sensiblen Phase besonders leicht. Allerdings braucht es dafür ein passendes Setting. Wird der Welpe einfach dem Reiz ausgesetzt, an den er sich gewöhnen soll, wird keine Gewöhnung eintreten. Dafür sollte der Reiz in den Hintergrund rutschen. Daher sind alternative, schöne Tätigkeiten in Gegenwart von Reizen sinnvoll, an die sich der Welpe gewöhnen soll. Wird systematisch an einem bedeutungsvollen Reiz geübt, sprechen wir von Desensibilisierung oder Gegenkonditionierung. Achte also bei deinem Welpen darauf, dass Reize, die unwichtig seinen sollen, im Hintergrund stattfinden.
Hat sich der Hund an einen Reiz gewöhnt, kann jeder Zeit trotzdem eine Sensibilisierung stattfinden. Das bedeutet, dass der Reiz an Bedeutung gewinnt. So kann ein Welpe zum Beispiel tief und fest schlafen, wenn es gewittert. Als Junghund werden Gewitter jedoch plötzlich zum Problem. Es ist wichtig, das immer im Hinterkopf zu haben und nicht davon auszugehen, dass Reize, an die sich der Welpe gewöhnt hat, für immer kein Problem darstellen werden.
Das Ende der Welpenzeit
Die Welpenzeit endet mit dem Einsetzen des Zahnwechsels. Dieser geschieht im Alter zwischen dem 4. und dem 6. Lebensmonat. Die Welpenzeit geht dabei in die Pubertät über, die vom Zahnwechsel bis zum Einsetzen der Geschlechtsreife andauert. Danach kommt die Adoleszenz. Diesen Abschnitt nenen wir Umgangssprachlich Pubertät. Das ist jedoch nicht ganz korrekt. Die Adoleszenz beschreibt den Prozess des Erwachsenwerdens. Der Hund lernt in dieser Phase deutlich langsamer als als Welpe, was sehr frustrierend und fordernd sein kann. Es kommt auch zu Lerneinbrüchen und Rückschritten. Das ist in der Entwicklung vollkommen normal. Sobald die Junghundeentwicklung vorbei ist, funktioniert das Lernverhalten wieder wie gewohnt.
Fazit Welpenerziehung
Welpenerziehung bedeutet keinen Marathon, was man in welcher Lebenswoche wie gemacht haben sollte. Welpenerziehung bedeutet, den Welpen an seine Umwelt heranzuführen und ihm zu zeigen, wie er damit umgehen kann. Dafür muss er nicht alles und jeden Reiz kennenlernen. Wichtig sind Pausen und ein Gefühl von Sicherheit und Selbstwirksamkeit. So kann der Welpe zu einem selbstbewussten und sicheren Junghund heranwachsen. Es braucht gar nicht so viel und ich unterstütze dich und deinen Welpen sehr gerne auf eurem gemeinsamen Weg. Egal ob Welpe vom Züchter oder Welpe aus dem Tierschutz, ich bin für euch da.
Quellen
Meiburg, Sonja: Welpenschule. So gelingt dein Einstieg. 2023.
Scheuer-Dinger, Ines: Wilde Welpen & kleine Jagdnasen. 2022.
Reichmann, Ulli: Auf kleinen, dicken Pfoten: Welpenwege zur Freundschaft. 2019.
Hoffmann, Carolin: Was braucht mein Hund? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Alltag mit Hund. 2022.