Vielleicht überlegst du, einen Hund bei dir aufzunehmen und bist gerade dabei, dich zu informieren. Aktuell passen die Umstände gut, du hast Zeit und Lust. Einen Hund zu adoptieren, bedeutet aber, ihn für das gesamte Hundeleben lang zu adoptieren. Ich gebe dir einen kurzen Einblick, wie sich Hunde entwickeln und was dich in welcher Entwicklungsphase erwarten kann. Damit du besser einschätzen kannst, ob ein Hund tatsächlich in euer Leben passt. Und wenn ja, was dich dabei erwartet. Denn einen Hund zu adoptieren, bedeutet ein Hundeleben zu adoptieren.
Hunde begleiten den Menschen schon seit Jahrtausenden. Ihre Funktionen waren bis vor Kurzem vor allem Bewachen, Jagen und Müll fressen. Die meisten Hunde sind auf einen Teil davon spezialisiert und können einige dieser Aufgabe richtig richtig gut. So sind Malinois zum Beispiel darauf selektioniert worden, dass sie in Konflikten die Strategie Kampf wählen und nicht fliehen. Malinois werden im Schutz- und Polizeidienst eingesetzt und ein fliehender Hund wäre da nicht erwünscht. Kangals sind darauf spezialisiert, zu bewachen und Eindringlinge lautstark zu vertreiben. Heute erwarten wir von diesen Hunden, dass sie in einem Haushalt mit Kindern still und einfach so nebenher leben und ihre Fähigkeiten unterdrücken. Eine sehr unfaire Einstellung. Daher solltest du dich vor der Anschaffung eines Hundes gut über dessen Fähigkeiten und Spezialisierungen informieren. Damit das gesamte Hundeleben in deinem Leben platz hat.
Ein Welpe zieht ein
Welpen sind Hundebabys, aber keine unbeschriebenen Blätter. Bereits in der Kinderstube passiert enorm viel, was Charakter und Wesen des Hundes bestimmt. Ein Hund ist ein Welpe, bis der Zahnwechsel einsetzt. Das ist in der Regel zwischen dem 4. und dem 6. Lebensmonat. Ein Welpe vom Züchter zieht bei dir mit ca. 8-12 Wochen ein. Ein Welpe aus dem Tierschutz zieht im Alter von vier Monaten ein. Du merkst vielleicht schon, dass das einige Wochen Unterschied sind. Diese wenigen Wochen machen allerdings für die Entwicklung des Hundes sehr viel aus. Bis zum vierten Lebensmonat lernen Hunde sehr schnell, vor allem soziale Regeln und soziales Beisammensein. Ein Hund aus dem Tierschutz kann es demnach schwerer haben, sich ins soziale Gefüge einzufügen als ein Welpe vom Züchter. Das heißt nicht, dass es schlecht ist, Tierschutzwelpen zu adoptieren. Man muss einfach wissen, dass es diesen Unterschied gibt. Denn ansonsten laufen wir schnell in die Falle und vergleichen unseren Tierschutzwelpen mit einem Welpen vom Züchter.
Das sind komplett unterschiedliche Voraussetzungen und daher von ihren Leistungen her nicht vergleichbar!
Normales Verhalten von Welpen
Egal ob Tierschutzwelpe oder Welpe vom Züchter, bis zu einem Alter von ca. einem Jahr nehmen Hunde gerne alles in den Mund und knabbern auch mal Dinge an. Das ist vollkommen normales Verhalten und dient der Erkundung und dem Lernen. Wenn du also nicht möchtest, dass gewisse Dinge angeknabbert werden, solltest du diese wegräumen oder den Raum durch Welpen- oder Türgitter aufteilen. Besonders wenn der Zahnwechsel eintritt, ist das Kaubedürfnis sehr hoch. Da können schon Schuhe oder Stühle zum Opfer fallen. Wenn du damit nicht umgehen kannst, solltest du dir keinen Welpen holen.
Egal ob Tierschutzwelpe oder Welpe vom Züchter, beide sind beim Einzug nicht stubenrein. Welpen vom Züchter sind noch gar nicht in der Lage, ihre Lösebedürfnisse aktiv zurückzuhalten. Daher musst du die ersten Wochen oder sogar Monate etwas fleißig sein und alle 1,5 bis 2h, nach jedem Spiel, nach jedem Fressen und nach jedem Schlafen mit deinem Hund auf die Pipiwiese gehen. Unfälle in der Wohnung solltest du einfach komentarlos entfernen. Dein Hund macht das nicht absichtlich und auch nicht aus trotz, er kann es einfach noch nicht anders. Wenn du nicht damit umgehen kannst, dass dein Hund nicht stubenrein ist, solltest du dir keinen Welpen holen.
Ein Hundeleben lang
Welpen sind supersüß und wir lieben diese kleinen Flauschkugeln einfach. Beachte allerdings unbedingt, dass dein Welpe auch groß wird und dann eine bestimmte Masse hat. Auch ein 15kg Hund kann dich von den Beinen reißen, wenn er plötzlich in die Leine rennt. Wähle unbedingt einen Hund, der in deine Lebensrealität passt. Wenn du z. B. große Hunde wie Berner Sennen Hunde magst, allerdings im 5. Stock ohne Aufzug lebst, dann ist das keine passende Wahl! Wenn du zierliche 45kg wiegst, solltest du dir keinen Hund holen, der schwerer ist als du. Sei da ehrlich mit dir und wähle einen Welpen nicht nach Aussehen, sondern nach dem, was er wird, wenn er erwachsen ist. Dann habt ihr nicht nur in der Welpenzeit Freude aneinander, sondern auch, wenn der Hund größer und kräftiger wird.
Ein Junghund zieht ein
Entwicklung von Junghunden
Zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat wird ein Hund zum Junghund. Das bedeutet, dass er in die Übergangsphase zwischen Baby und erwachsenem Hund wechselt. Er wird zum Teenager. Die Junghundephase beginnt mit dem Zahnwechsel und endet, wenn das Gehirn und der Körper des Hundes ausgereift ist. Dazwischen ist vor allem das Gehirn eine Großbaustelle. Häufig heißt es, dass man mit Junghunden besonders streng sein müsse, weil sie ihre Grenzen testeten. Das ist so jedoch nicht korrekt. Junghunde verhalten sich anders, weil sich ihr Gehirn und ihr Körper verändert, nicht weil sie Grenzen testen. Wie auch für menschliche Teenager ist die Junghundeentwicklung für viele Hunde sehr fordernd und anstrengend. Sie brauchen Unterstützung, keine Korrektur!
So lernen Junghunde
Als Welpe lernt der Hund stetig dazu. Er macht kontinuierlich Fortschritte. Als Junghund stagniert dieser Fortschritt oder es gibt sogar Rückschritte. Es wirkt, als würde der Hund Signale einfach wieder vergessen. Das hat damit zu tun, dass sein Gehirn komplett umgebaut wird und manche Verknüpfungen wieder gelöscht werden. Das hat dann nichts mit Trotz oder Sturheit zu tun. Das Gehirn wird für den erwachsenen Hund umgebaut, damit es die Bedürfnisse des erwachsenen Hundes erfüllen kann. Da hat der Hund keine Kontrolle darüber. Er ist diesem Umbau einfach ausgesetzt. Daher ist die Junghundephase für Hundehalter*innen oft anspruchsvoll und frustrierend. Der Hund macht weniger Fortschritte, hört nicht mehr so gut, hat plötzlich einen größeren Radius, schnüffelt mehr, beginnt zu jagen und lässt Besuch plötzlich nicht mehr rein. Die meisten Hunde werden in diesem Alter wieder abgegeben. Das Hundeleben passte nicht ins Leben des Menschen. Daher solltest du dir keinen Welpen oder Junghund holen, wenn du nicht bereit bist, dich auf veränderte Bedürfnisse deines Hundes einzustellen! Einen Hund zu adoptieren, bedeutet auch, schwierige Phasen gemeinsam zu meistern.
Ein erwachsener Hund zieht ein
Im Alter von 1,5 bis 3 Jahre (je nach Größe) wird der Hund erwachsen. Das bedeutet, dass das Gehirn ausgewachsen ist, dass die Bedürfnisse des Hundes ausgereift sind und dass der Hund insgesamt in seinem Wesen und Charakter gefestigt ist. Er ist emotional stabiler und kommt besser mit schwierigen Situatione zurecht. Auch ist das Lernen wieder konstant und er lernt immer dazu. Erwachsene Hunde sind daher für Hundeanfänger*innen in der Regel gut geeignet. Im Hundeleben ist die Phase des Erwachsen seins die einfachste und entspannteste. Vorausgesetzt, der Hund wurde nicht wegen Beiß- oder Aggressionsverhalten abgegeben. Allerdings weiß man beim erwachsenen Hund in der Regel, was einen erwartet und wie der Hund drauf ist. Das heißt nicht, dass erwachsene Hunde keine Themen haben. Aber der Mensch muss emotional nicht damit umgehen, dass nach kurzer Zeit das Lernen komplett einbricht.
Ein alter Hund zieht ein
Wer einen Hund adoptiert, adoptiert ihn auch dann, wenn er alt wird. Ein Hundeleben lang bedeutet, auch das Alter zu begleiten. Alt werden kann bedeuten, dass der Hund langsamer wird, dass er reaktiver wird, weil er Schmerzen kriegt, dass er nicht mehr gut allein bleiben kann, dass er weniger Impulskontrolle hat, dass er sehr viel und tief schläft und dass er weniger gut mit schwierigen Situationen umgehen kann. Es kann sein, dass dein alter Hund sehr viel medizinische Unterstützung braucht, was richtig ins Geld gehen kann. Es kann sein, dass dein Hund nichts mehr hört oder sieht und dass das neue Herausforderungen mit sich bringt, vor allem wenn Kinder im Haushalt leben. Und Schlussendlich muss man sich auch damit auseinandersetzen, dass der Hund irgendwann stirbt.
Einen Hund zu adoptieren, bedeutet, ihn von Anfang bis Ende zu begleiten, zu unterstützen, zu lehren und zu lieben. Wenn es schwierig wird, solltest du Unterstützung (Hundeschule, Tierarzt, Physio etc.) leisten und umsetzen können. Du solltest die finanziellen Mittel haben, um deinen Hund medizinisch zu versorgen und ihn auszubilden und bedarfsdeckend zu ernähren. Du brauchst eventuell Betreuungspersonen und es kann sein, dass dein Hund (meist aus gesundheitlichen Gründen) Themen entwickelt, die den Alltag deutlich erschweren. Wir wollen alle alles richtig machen am Anfang. Es gibt jedoch keine Garantie, dass das genügt. Da Lernen nicht nur von uns abhängig ist, sondern auch von vielen anderen Faktoren. Hole dir also nur einen Hund, wenn du diese Punkte erfüllen kannst.
Wenn du jetzt noch Fragen hast, welcher Hund am Besten zu dir passt, vereinbare ein kostenloses Beratungsgespräch mit mir, damit ihr optimal vorbereitet seid auf eurer zukünftiges Familienmitglied.