Bellen abgewöhnen

Bellen abgewöhnen ist einer der häufigsten Wünsche von Hundehalter*innen. Gebell ist laut, es schmerzt in den Ohren und es wird als Makel für die Dazugehörigkeit des Hundes in der Gesellschaft gesehen. Bellen fällt auf und zieht die Aufmerksamkeit von anderen Personen auf einen. Scham, Angst, Stress und Unwohlsein begleiten daher das Gebell des eigenen Hundes häufig. Der Wunsch, dass das Bellen aufhört, ist groß. Doch bellen abgewöhnen ist nicht so einfach. Denn zuerst musst du verstehen, warum dein Hund bellt.

Domestikation

Wölfe bellen in der Regel nicht. Die Lautäußerung von Wölfen unterscheidet sich erheblich von der unserer Haushunde. Das bedeutet, dass Bellen für diejenigen, die den Hund domestiziert haben, eine wichtige Funktion hatte. Es wurden die Hunde behalten, die Fremde und Eindringlinge besonders zuverlässig melden. Bewachen und Beschützen war eine wichtige Funktion von Hunden für den Menschen. Diese Funktion ist in den meisten Teilen der Welt bis heute noch gefragt. Nur in Industrieländern, in denen Hunde zunehmend als Familienhunde einfach nebenher laufen sollen, ist diese Fähigkeit unerwünscht. [1]

Diese Entwicklung hin zum Begleithund ist jung. In den letzten Jahrzehnten wurden viele Hunde, deren Aufgabe Bewachen und Beschützen ist arbeitslos. Nicht selten werden sie von ihren Menschen bestraft und misshandelt, wenn sie in der Mietwohnung ihrer Aufgabe trotzdem nachgehen. Die Hunde sind unglücklich, unzufrieden und frustriert.

Und so bricht dieser Frust auch an anderer Stelle aus und es entstehen weitere Probleme mit dem Hund. [2]

Ursachen von Bellen

Bei Untersuchungen an Wölfen konnte herausgefunden werden, dass sie genau dann bellen, wenn ihnen die Auswegmöglichkeiten genommen werden: Die Wölfe wurden angebunden und dann bedroht. Sie konnten weder kämpfen noch fliehen und haben angefangen zu bellen. Die Forscher*innen schließen daraus, dass Bellen einen inneren Konflikt markiert. Also eine Unmöglichkeit, Kampf oder Flucht als Strategie zu wählen. Dies wird im Bellen kanalisiert. [1]

Übertragen wir diese Erkenntnis auf unsere Hunde, können wir feststellen, dass Bellen häufig genau dann passiert, wenn die Hunde ebenfalls keine Wahl haben. Die Leine Verhindert Kampf und Flucht. Vor allem Flucht ist eine wichtige Strategie, die wir Hunden häufig nicht gewähren: Wir gehen frontal in Hundebegegnungen, ob der Hund will oder nicht. Wir begrüßen Menschen frontal. Egal ob der Hund will oder nicht. Wir lassen fremde Menschen unseren Hund anfassen, egal ob der Hund will oder nicht. Das führt irgendwann dazu, dass der Hund deutlicher wird und seine Hilflosigkeit kommuniziert.

Es gibt aber auch Rassen, die gezielt darauf selektiert werden, die Strategie Flucht nicht zu zeigen. Geraten diese Hunde in einen Konflikt, gehen sie sehr schnell und sehr intensiv nach vorne. Das betrifft vor allem Hunde, die eine Bewachungs- und Schutzfunktion haben. Niemand braucht einen Wachhund, der flieht. Wachhunde sollen Bellen und vertreiben. Diesen Hunden Bellen abgewöhnen ist mit sehr viel Aufwand und Training verbunden und die Prognose, das Verhalten ohne Management in den Griff zu bekommen, ist schlecht. Wir können nur begrenzt gegen die Genetik arbeiten. So bleibt ein Herdenschutzhund auch mit viel Training und umsichtigen Handeln ein Herdenschutzhund. Wir können ihnen Strategien und Alternativen beibringen, aber dafür muss das Setting sehr genau kontrolliert werden.

Bellen abgewöhnen

Bellen abgewöhnen bedeutet also vor allem, Konflikte zu verringern. Dafür ist eine umfassende Kenntnis der hündischen Körpersprache notwendig. Denn wir müssen erkennen, wann Hunde in einen Konflik geraten und wann sie anfangen, sich unwohl zu fühlen. Das Bellen ist ein Symptom dieser Emotionen. Davor passiert beim Hund aber sehr sehr viel. Und das müssen wir lernen und wir müssen lernen, uns auf unseren Hund einzulassen und seine Bedürfnisse Ernst zu nehmen. Dabei sind realistische Ziele und Erwartungen an das jeweilige Individuum wichtig. Pauschal Bellen abgewöhnen funktioniert nicht mit jedem Hund in jedem Setting.

Damit mit dem Thema Bellen nicht alleine bist, bin ich für dich da und unterstütze dich. Ich zeige dir, wie du das Setting verändern kannst und wie du erkennst, was dein Hund gerade braucht und wie du das umsetzen kannst. Damit die Belastung durch viel Gebell weniger wird und ihr euch gemeinsam besser fühlt.

Quellen

[1] Coppinger, Ramond und Feinstein, Mark: Die Ethologie der Hunde. Wissenschaftliche Grundlagen zum Verhalten. 2015.
[2] Miklósi, Ádám: Do behaviour, evolution, and cognition. 2014.

4 Kommentare zu „Bellen abgewöhnen“

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